Prof. Dr. Katharina Morik

Professorin für Informatik an der TU Dortmund

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»Die Vernetzung mit anderen Start-ups oder bereits etablierten KI-Firmen ist im Ruhrgebiet sehr unkompliziert«

Katharina Morik ist Professorin am Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz an der TU Dortmund. Wir haben sie u. a. gefragt, was traditionelle Industrieunternehmen aus dem Ruhrgebiet von KI erwarten können und was die Energiewende damit zu tun hat.

Prof. Dr. Katharina Morik, © TU Dortmund

Wie können die für das Ruhrgebiet typischen Unternehmen von Künstlicher Intelligenz profitieren?
Die industrielle Produktion ist ein erfolgreiches Anwendungsgebiet des maschinellen Lernens. Neben »Predictive Maintenance« und anlagenweitem Qualitätsmanagement werden jetzt sogar auch die Prozesse direkt optimiert. Das Wissen der Ingenieurinnen und Ingenieure wird durch die Analyse von Daten ergänzt, sodass frühzeitig während eines Prozesses erkannt wird, ob die erforderliche Qualität erreicht werden kann und ggf. geeignete Maßnahmen realzeitlich ergriffen werden. Gerade bei energie- und ressoucenintensiven Anlagen besteht hier ein enormes Einsparpotenzial. Neue Arbeiten bringen Simulation und maschinelles Lernen zusammen, sodass einerseits die Simulation und andererseits das Lernen verbessert wird. Voraussetzungen für erfolgreiche Anwendungen sind eine gute Datenlage und eine firmeninterne Begleitung des Einsatzes von maschinellem Lernen.

Welche anderen Bereiche gibt es, bei denen KI-Technologie helfen kann, positiv auf die Energiewende einzuwirken?
Zum Beispiel in der Mobilitätsbranche, in der es um den effizienten Transport von Waren und Menschen geht. Hier stellt sich zuerst die Frage, ob ein physikalischer Transport notwendig ist oder durch eine effizientere Organisation von Lieferketten oder Kommunikationsprozessen ersetzt werden kann. Das Vehikel des Transports wird einerseits bestimmt durch die Anzahl der Personen oder das Volumen der Waren, die zu einem bestimmten Zeitpunkt von einem zu einem anderen Ort gebracht werden sollen. Dabei gibt es einen Spielraum sowohl was den Ort als auch den Zeitpunkt angeht. Bedarfsprognosen können anhand von Verkehrs- und Telekommunikationsdaten maschinell gelernt und direkt für die Routenplanung verschiedener Verkehrsmodelle eingesetzt werden. Dabei können im ÖPNV-Netz sogar unterschiedliche, aber fußläufige Start- und Zielstationen empfohlen und Besonderheiten wie Barrierefreiheit berücksichtigt werden. Andererseits bestimmt der Ressourcenbedarf eines Vehikels die Auswahl. Für eine Ökonomie des Teilens kann realzeitlich Angebot und Nachfrage im Sinne der Nachhaltigkeit vermittelt werden, z. B. bei Taxis, autonomen Fahrzeugen oder Logistikflotten. Hier sind verteiltes maschinelles Lernen und so genannte Bandit Models aktuelle Forschungsthemen. Prognosen des maschinellen Lernens ermöglichen im Internet der Dinge eine Organisation der Kreislaufökonomie von Verkehr und Logistik.

Warum sollten sich junge KI-Startups, die im Bereich Klima und Mobilität arbeiten, im Ruhrgebiet niederlassen?
Die Universitätsallianz Ruhr (TU Dortmund, Ruhr Universität Bochum und Universität Duisburg-Essen) bildet hervorragenden Nachwuchs aus. Die TU Dortmund unterstützt mit ihrem Centrum für Entrepreneurshop & Transfer (CET) Studierende und WissenschaftlerInnen bei der Ausarbeitung eines Gründungsplans und hilft beim Start durch Beratung, Räume und Schulungen. Das Technologiezentrum Dortmund mit 350 Unternehmen, Hochschulen und Forschungsinstituten bietet ein interessantes Umfeld. Die Vernetzung mit anderen Start-ups oder bereits etablierten KI-Firmen ist im Ruhrgebiet sehr unkompliziert. Bei Meetups oder ähnlichen Treffen herrscht eine unterstützende Kollegialität vor.

Prof. Dr. Katharina Morik richtete 1991 an der TU Dortmund den Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz ein mit dem Fokus auf maschinellem Lernen und Data Mining. Aus ihrem Hause stammt das weltweit erfolgreiche Tool RapidMiner. Sie warb 2011 den Sonderforschungsbereich 876 »Informationsgewinnung durch Analyse unter Ressourcenbeschränkung« ein, dessen Sprecherin sie ist. Die dritte Phase wurde bewilligt. In 12 Grundlagenprojekten wird Maschinelles Lernen von der Statistik bis zur Rechnerarchitektur hin untersucht. Sie leitet mit Prof. Wrobel das Kompetenzzentrum für maschinelles Lernen Rhein-Ruhr (ML2R) und koordiniert die deutschen Kompetenzzentren und ihre Zusammenarbeit mit den französischen. Sie leitet gemeinsam mit Prof. Markl die AG 1 »Technologische Wegbereiter« der Plattform Lernende Systeme. Sie ist Mitglied in der Akademie der Technikwissenschaften, acatech, und der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste sowie Fellow der Gesellschaft für Informatik.